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Freies Wort 03.09.2009

Kalte Dusche für zahlende Mieter

HILDBURGHAUSEN: Seit 7. Juli gibt es im Erlenweg 8 in Hildburghausen kein Gas - der Hausherr scheint abgetaucht H.* eiskalt. Die junge Frau, die erst im Frühjahr ihre kleine Wohnung im Erlenweg 8 in Hildburghausen bezog, ist aber keineswegs ein Gesundheitsfanatiker. Das "Abhärtungsprogramm", zu dem auch die anderen elf Mietparteien des Hauses gezwungen sind, hat einen ganz simplen Hintergrund: Am 7. Juli dieses Jahres hat die Eon Thüringer Energie AG die Gaslieferung für das Mehrfamilienhaus eingestellt. "Und das ohne Vorwarnung", sagt Petra H., die sich mit dem Problem an Freies Wort wandte.

Nebenkosten nicht abgeführt
"Unser Vermieter hat es offenbar versäumt, die Gasrechnung zu begleichen", weiß die junge Frau inzwischen. Miete samt Nebenkosten hat sie wie die anderen Hausbewohner auch allerdings pünktlich bezahlt. "Was, wenn jetzt vielleicht auch noch das Wasser abgestellt wird? Und vor allem: Was soll werden, wenn es draußen kühler wird und die Heizung kalt bleibt?", sorgt sich Petra H.. Der Hauseigentümer indes scheint abgetaucht. Anrufe zu seiner Festnetznummer in Mülheim an der Ruhr laufen offenbar ins Leere. "Egal, zu welcher Uhrzeit man anklingelt - es nimmt niemand ab", sagt Petra H. Auch auf Briefe reagiert er nicht. Selbst die Hausverwaltung mit Sitz in Neuss hat lange nichts von ihm gehört.
"Er hat uns unangekündigt die Kontovollmacht entzogen und uns damit praktisch die weitere Verwaltungsarbeit unmöglich gemacht", war von Pamela Cobeck von der Hausverwaltung zu erfahren. Die Probleme im Haus Erlenweg 8 in Hildburghausen seien bekannt, aber die Hausverwaltungs GmbH könne den Mietern im Erlenweg 8 in dieser Sache leider nicht helfen. "Der Eigentümer zahlt ja auch die Verwaltungsgebühr nicht mehr."
Petra H. hat auch versucht, mit dem Gasversorger direkt Kontakt aufzunehmen. "Wenn wir Mieter das Gas direkt bei der Eon bezahlen, müsste es doch möglich sein, die Belieferung wieder aufzunehmen - die Eon hätte ihr Geld und wir wieder Gas", meint die junge Frau ganz pragmatisch. Doch so einfach scheint das nicht.
Anfang Juli waren sowohl der Erlenweg 8 als auch das Nachbarhaus Erlenweg 6 ohne Gas. Das Haus Nummer 6 wird aber seit dem 16. Juli wieder beliefert. Und für die Eon scheint damit das Problem gelöst.
Eine Nachfrage der Redaktion bei dem Energieversorger ergab: Dort ist man sich keiner Schuld bewusst. "Wir haben am 16. Juli die Anlage im Erlenweg wieder freigeschaltet", so Pressesprecher Olaf Werner. "Es gibt für die Häuser 6 und 8 nur eine Warmwasserbereitung und eine Heizanlage. An uns liegt es nicht, dass es im Erlenweg 8 kalt ist", versichert er und betont, dass aber auch der Eon natürlich daran gelegen sei, das Problem schnell zu beheben.
Den "Schlüssel" dafür hat im Moment der Besitzer des Hauses Erlenweg 6 in der Hand. Mit dem Eigentümer des Hauses Nummer 8 bildet er eine Eigentümergemeinschaft. Aber auch er ist mehr als sauer auf den Miteigentümer. "Fakt ist, der Hausherr der Nummer 8 verwendet die Mietgelder nicht so, wie das seine Pflicht wäre und hat damit auch die sechs Mieter in meinem Haus in Schwierigkeiten gebracht", erklärt Andreas Jurga auf Anfrage von Freies Wort. Als Geldanlage habe er den Erlenweg 6 vor einiger Zeit erworben und sei so in diese Eigentümergemeinschaft mit dem Herrn aus Mülheim gerutscht.

Miteigentümer ist stinksauer
Wie er jetzt erfahren habe, habe der seit 20 Monaten die Nebenkosten nicht abgeführt. Rückstände im hohen fünfstelligen Bereich seien allein beim Gas aufgelaufen. "Den größten Teil der Summe habe ich nun im Juli aus eigener Tasche bezahlt, damit meine Mieter im Erlenweg 6 wieder warmes Wasser haben", sagt Jurga. Doch er sei natürlich nicht bereit, den Eigentümer des Hauses Nummer 8 weiterhin derart zu unterstützen und habe daher das Nachbarhaus von der Anlage trennen lassen. Das lasse sich jederzeit rückgängig machen, wenn der Eigentümer dieses Hauses seine Rechnung bezahlt.
Die Bewohner des Erlenwegs 8 täten ihm schon leid, versicherte Andreas Jurga. Aber ihm sei nichts anderes übriggeblieben, als diesen drastischen Schritt zu gehen. Er wolle damit Druck machen, vor allen Dingen auf den Miteigentümer - damit der endlich Privatinsolvenz anmelde, wenn er nicht zahlen könne. Aber Jurga hofft auch, mit seiner Aktion Versorger und Hausverwalter auf Trab zu bringen. Beiden gibt er eine Mitschuld an dem Dilemma. Sie hätten seiner Ansicht nach längst Anzeige erstatten müssen gegen den Herrn von der Ruhr. Denn nur dann kann sich ein Gericht einschalten und die Zwangsverwaltung des Hauses Nummer 8 anordnen. "20 Monate wurde nicht bezahlt, und sie haben das hingenommen, ohne in irgendeiner Weise zu reagieren", sagt Jurga. Auch er sei nicht informiert gewesen.
Eine Zwangsverwaltung - angeordnet von einem Gericht - scheint auch für den Mieterverein Suhl und Umgebung die beste Lösung in einem solchen Fall. Rechtsberater Georg Seidler sagte gegenüber Freies Wort, den Bewohnern des Erlenweges 8 sei nur zu wünschen, dass sich schnell ein Gläubiger an das zuständige Amtsgericht wende. "Dann wird meist ein Rechtsanwalt als Verwalter eingesetzt, der quasi die Geschäfte des Vermieters führt, so lange der nicht auffindbar ist und zur Verantwortung gezogen werden kann", erklärt Seidler.
Andreas Jurga hofft, dass sich in der Sache schnellstens etwas bewegt, im Interesse der Mieter beider Häuser. Er sei auch bereit, das Haus Erlenweg 8 zu kaufen, damit alles in einer Hand sei. Von Eigentümergemeinschaften hat er die Nase voll. "Eines kann ich jedoch auch den Mietern im Haus 8 versichern: Wenn es draußen kalt wird, lasse ich die Heizung auch für dieses Haus wieder anstellen. Es muss niemand frieren. Aber es muss dringend eine Lösung für diese Mieter gefunden werden", sagt Jurga.

*Der vollständige Name ist der Redaktion bekannt.
Quelle: Freies-Wort vom 03.09.2009

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